Es mag vielleicht im echten Leben gut sein, Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg zu gehen und die Inhalte der anderen Seite ignorieren, aber in unserer heutigen Zeit ist im Internet ein offener Umgang mit schmerzlich ganz anderen Ansichten absolut erforderlich!
Diskussionen als Grundlage für unser harmonisches Zusammenleben.
Im echten Leben versucht man unangenehme, gar störende Elementen aus dem Weg zu gehen. Beispielsweise möchte ich nicht von patriotisch-übertriebenen gesinnten Parolen, wie die der PEGIDA, oder den platt-plumpen Plattitüden gegenüber meiner genetischen Herkunft aus dem Weg gehen. Das ist eine extreme Aussage, daher möchte ich sie etwas relativieren. Bei tiefgründig unerklärbaren Meinungsverschiedenheiten ist manchmal vonnöten, dass man besser getrennte Wege geht. Es beginnt schon im Kindesalter beim Spielzeug, führt sich in hitzige Diskussionen über banalste Alltagsthemen fort und besitzt meiner Meinung nach ihren Höhepunkt im politischen Diskurs. Nicht nur die Parlamente diskutieren über eine politische Lösungsfindung, selbst die kleinsten Institutionen und demokratischen Vereinigungen müssen da durch.
Der politische Diskurs in jeglicher Form basiert darauf, dass immer mehr als eine Meinung existiert. Man muss häufig einen inhaltlichen Konsens, noch häufiger einen Kompromiss finden und sich viel mit den anderen Meinungen auseinandersetzen. Das geschieht auf Sitzungen, Stammtischen, Ausschüssen, Tagungen, etc. und selbst in Alltagsgesprächen, da sich ja grundlegend jeder Mensch in der Weltauffassung unterscheidet. Allein die Teilnahme an diesen genügt aber nicht, man muss auch offen genug sein, um die Positionen anderer auch zu verstehen und ihre Herangehensweise nachzuvollziehen. Immerhin wird man mit einer anderen Meinung konfrontiert, da sonst ja die eigene als die einzig Wahre und Richtige erscheint. So allgemeingültig ist eine Ansicht sowieso nicht. Sie tendiert sowieso in irgendeine Richtung und ein gutes Beispiel ist die derzeitige große Koalition unserer Bundesregierung.
Tatort Internet
Im Internet, allen voran auf Facebook, machen wir uns das allerdings viel zu leicht. Vielleicht wird das auch so von den Algorithmen der sozialen Medien auch so bestimmt. Jedenfalls sitzt man irgendwann in der sog. Filterblase drin, in der man fast ausschließlich nur noch gefällige Meldungen und Nachrichten zu sehen bekommt. Es ist normal, dass man im echten Leben die Freunde aussucht und man mit diesen auch in diesen Netzwerken verbunden ist. Aber in Kombination mit den eigenen dort angegebenen Interessen und den „Gefällt mir“-Angaben zu verschiedensten Meinungen webt der Algorithmus uns in diesen Geflecht immer mehr ein. Erschwerend kommt hinzu, dass man Personen mit einer haarsträubend anderen Ansicht entweder erst gar nicht in diese Blase „hinein lässt“ oder aus der Zufuhr verschiedenster Ströme ausschließt.
Google, Amazon, Facebook & Co als Triebfeder
Das geht soweit, dass mithilfe von sog. Tracking-Cookies (zu dt. Verfolgungskekse) die Spezifizierung der Filterblase vorangetrieben wird. Wen wundert es nicht, dass Google bei verschiedenen Personen mit unterschiedlichen Surfgewohnheiten mit dem gleichen Suchbegriff unterschiedliche Ergebnisse liefert. Bei mir beispielsweise werden auf Facebook im Newsfeed aktuelle Prime-Sonderangebote angezeigt UND Sonderangebote mit Dingen aus meinen Wunschlisten. Ganz übertrieben finde ich die Lokalisierung der Werbeeinblendungen in verschiedensten Apps auf meinem Handy, trotz ausgeschaltener Standortermittlung.
Was will ich eigentlich?
Ich schreibe diesen Text nicht weil mir langweilig ist. Immer häufiger bekomme ich zu hören, dass sie ihre Freundesliste aufräumen und diese nur mit Leuten füllen, deren Meinung ihnen gefällt. Das ist ein gefundenes Fressen für die Filterblasen-Algorithmen und für die wenigen, die laut, meist unreflektiert ihre Meinung im virtuellen Freundeskreis verbreiten. Und für Nutzer, die so etwas auch noch gut finden und nur noch ihre Informationen aus eben diesem Kreis herausziehen.
Mein Appell lautet daher, behaltet auch jeden antipathischen Meinungsmacher in der Freundesliste, mit denen ihr euch bis auf ein paar Themen sonst unterhalten könnt. Verfolgt auch mal eine gänzlich widersprüchliche Meinungsäußerung zu ihrem Ursprung zurück und versucht wieder in einem gemäßigten politischen Diskurs zu kommen, damit wir uns wieder verstehen. Es gibt nichts schlimmeres als festgefahrene, extreme Meinungen, die nicht mehr bereit sind einen Konsens oder Kompromiss zu finden.